DIE GEGENWÄRTIGE GLOBALE KRISE, die sich nicht nur auf ökologischer Ebene, sondern in zahlreichen weiteren sozialen, ökonomischen und politischen Verwerfungen zeigt, ist das Ergebnis unseres kollektiven Denkens und Handelns. Sie ist nicht zuletzt Ausdruck einer Weltordnung, die der Soziologe Jean Ziegler treffend als »kannibalisch« bezeichnet hat – ein System, das wenigen enormen Reichtum beschert, während jedes Jahr rund eine Million Kinder an Mangelernährung sterben.

Diese ungerechte Welt(un)ordnung ist menschengemacht – und genau darin liegt auch unsere Chance: Was von uns geschaffen wurde, kann von uns verändert werden. Voraussetzung dafür ist, dass wir – als globale Zivilgesellschaft – die Kontrolle über unsere Zukunft zurückgewinnen. Wir brauchen Mut, Klarheit über die Ursachen der heutigen Krisen und vor allem eine Vision, wie wir unsere Gesellschaft so transformieren können, dass sie zukunftsfähig wird – ohne dabei die hart erkämpften Errungenschaften aufzugeben. Doch das wird nur gelingen, wenn wir das zugrunde liegende Wirtschaftssystem radikal hinterfragen. Der Kapitalismus, wie wir ihn heute kennen, steht in direktem Zusammenhang mit der fortschreitenden Zerstörung unseres Planeten. Seine Logik der endlosen Ausbeutung ist unvereinbar mit ökologischer und sozialer Gerechtigkeit.

»Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, um unsere Vorstellungskraft für radikal andersartige zukünftige Möglichkeiten zu öffnen.«

Jonathan Lear

Wir sind davon überzeugt, dass eine echte, tiefgreifende und dauerhafte sozial-ökologische Transformation – bzw. kulturelle Revolution – auch einen Wandel unseres Bewusstseins erfordert. Deshalb müssen wir uns, neben umweltethischen und naturphilosophischen Fragen, auch mit den spirituellen Dimensionen des Menschseins beschäftigen. Ontologie, Erkenntnistheorie, Ethik, Ökonomie, Ökologie, Politik, Kunst und Soziales – all diese Bereiche sind untrennbar miteinander verbunden und müssen, wenn nötig, neu gedacht werden.

Vor allem aber gilt es, zu den Quellen unseres Menschseins zurückzukehren. Diese Quellen liegen in unserer tiefen Verbundenheit mit der Natur, mit unseren Mitmenschen und nicht zuletzt mit dem Göttlichen als Urgrund allen Seins. Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind gewaltig. Ihre Lösung wird darüber entscheiden, ob unsere Spezies die Bezeichnung Homo sapiens wirklich verdient.

Aufbau eines Netzwerks

Gerade in solchen Krisenzeiten brauchen wir neue Räume des Denkens, des Austauschs und des gemeinsamen Gestaltens. Aus diesem Bedürfnis heraus entsteht die Initiative, ein Netzwerk aufzubauen, dessen Mitglieder sich auf ganz unterschiedliche Weise mit Fragen der gesellschaftlichen Transformation (die wohl eher eine Revolution sein wird) befassen. Es soll vor allem um die ernsthafte, kritische und radikale Auseinandersetzung mit der Frage gehen, wie ein tiefgreifender Wandel unseres Lebensmodells gelingen kann – sozial, ökologisch, kulturell, künstlerisch, wissenschaftlich und wirtschaftlich.

Ob aus Philosophie, Kunst, Kultur, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft oder aktivistischem Engagement: Gesucht werden Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die bereit sind, sich über disziplinäre Grenzen hinweg intellektuell aber auch ganz praktisch auszutauschen. In einer Zeit fortschreitender Individualisierung und gesellschaftlicher Entsolidarisierung wird gemeinsames Denken und Handeln umso wichtiger. Da gegenseitige Inspiration und Kritik dabei im Mittelpunkt stehen, sind regelmäßige Treffen ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Netzwerks.

Am Ende geht es darum, unsere Arbeit in unterschiedlichster Form öffentlich sichtbar zu machen und so gesellschaftliche Impulse zu setzen. Das können Seminare sein, Vorträge oder Podiumsdiskussionen. Kannst Du Dir vorstellen, Teil eines solchen Netzwerks zu werden? Dann freue ich mich auf Deine Mail an redaktion@re-visionen.net

Aktuelle Beiträge

Mut zu träumen

Jonathan Lear ist am 22. September 2025 gestorben. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir hier noch einmal die Besprechung seines Buches »Radikale Hoffnung« aus dem Jahr 2020, das sich wie eine Allegorie auf unsere Zeit liest